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Reizdarmsyndrom mit Verstopfung

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Reizdarmsyndrom mit Verstopfung

Die Diagnose eines Reizdarmsyndroms mit Obstipation-prädominant (RDS-O) kann vorgenommen werden, wenn diagnostische Kriterien des Reizdarmsyndroms (Ursachen des Reizdarmsyndroms) erfüllt sind und Patient:innen einen harten/klumpigen Stuhl (1–2 auf der Bristol-Stuhlformen-Skala [BSS]) bei mehr als 25 % der Stuhlgänge aufweisen.

Patient:innen können auch einen losen/wässrigen Stuhl (6–7 auf der BSS) und Stuhlinkontinenz haben. Diese sollte allerdings für die RDS-O-Diagnose weniger als 25 % aller symptomatischen Stuhlformen ausmachen. Für die RDS-O-Diagnose ist es wichtig, dass Abdominalschmerzen nur in Zusammenhang mit symptomatischen Stuhlformen (also an Tagen, an denen sie vorkommen) angegeben werden. An Tagen ohne Schmerzen können Patient:innen eine normale Stuhlgewohnheit haben. 

Sehr häufig geben Patient:innen das Pressen während der Defäkation, die un­vollständige Entleerung oder das Gefühl einer Blockade sowie eine Stuhlfrequenz von < 3 x pro Woche an. Ab­dominale Blähun­gen und Dis­tension kommen in etwa 80 % der Fälle vor und werden von Patient:innen als die am störendsten Symptome an­gegeben.
Die Bauch­schmerzen sind inter­mittierend und krampf­artig mit tendenzieller Lokalisa­tion im Mittel- oder Unterbauch. Sie können nach dem Verzehr großer Mahl­zeiten und während der Menstruation auftreten, aber auch durch Stress ausgelöst und durch Fasten oder Defäka­tion gelindert werden.
Die Abdominal­schmerzen können mit einer Stuhlin­kontinenz assoziiert werden, sie ist allerdings seltener als bei Patient:innen mit Reizdarm­syndrom und Diarrhöe (RDS-D). Im Vergleich zu RDS-D haben RDS­-O­-Patient:innen signifikant häufiger Symptome der Dyspepsie, wie z.B. Magen­schmerzen, Magen­blähungen, Übelkeit, Erbrechen, eine vorzeitige Sättigung. Zudem leiden sie häufiger an Schlaf­störungen, Appetit­losigkeit und Be­einträchtigung der sexuellen Funktion.

Funktionelle Obstipation 

Die Diagnose einer funktionellen Obstipation (FO) oder chronischen Verstopfung kann vor­genommen werden, wenn alle unten an­gegebenen Kriterien (1–4) erfüllt sind:

1. Mindestens zwei der folgenden Kriterien müssen erfüllt werden:


– Klumpige oder harte Stuhlkonsistenz ohne Einnahme von Medikamenten gegen Diarrhö
– Stuhlgänge mit Anstrengen oder Pressen
– Gefühl einer unvollständigen Entleerung
– Gefühl einer anorektalen Obstruktion oder Blockade
– Digitale Evakuierung
– Weniger als drei spontane Stuhlentleerungen pro Woche
(o.a. Symptome treten bei mindestens 25 % aller Stuhlentleerungen auf)

2. Diarrhö kann auch vorkommen. Sie sollte allerdings bei < 25 % aller Stuhlentleerungen auftreten. Zusätzlich ist selten eine weiche Stuhlkonsistenz ohne Verwendung von Abführmitteln vorhanden.

3. Klinische Kriterien sind für die Diagnose des Reizdarmsyndroms Obstipation-prädominant (RDS-O) nicht erfüllt.

4. Die Symptome treten seit mehr als sechs Monaten auf und persistieren seit den letzten 3 Monaten.

Abgrenzung funktioneller Darmkrankheiten mit Obstipation

Aufgrund unter­schiedlicher Therapie­optionen sollte versucht werden, die funktionelle Obstipation vom Reizdarm­syndrom mit Obstipation­-prädominant (RDS-O) abzugrenzen. Dies kann zum größten Teil aufgrund häufigeren Vorkommens von Bauch­schmerzen bei FO sehr schwierig sein.

Etwa 90 % der Patient:innen mit RDS­-O erfüllten die FO-Kriterien, 44 % der FO-Patient:innen erfüllten die RDS-O-Kriterien. FO­-Patient:innen werten Bauch­schmerzen als mild aus und geben diese als ein nicht dominierendes Symptom an.

RDS-O-Patient:innen werten hingegen die Intensität der Bauchschmerzen signifikant häufiger als sehr oder extrem störend. Entsprechend diesen Informationen wurde vorgeschlagen, Patient:innen mit schmerzhafter Obstipation (moderate bis schwere Bauchschmerzen/Krämpfe) als RDS-O und mit schmerzloser Obstipation (keine bis milde Bauchschmerzen/Krämpfe) als FO für die weitere Diagnostik zu betrachten.  RDS-O-Patient:innen geben abdominale Blähungen und Distension häufiger an. Sie leiden zudem unter einer signifikanten Beeinträchtigung der Lebensqualität, haben oft Angstzustände sowie Depressionen und suchen häufig medizinische Hilfe.
Des Weiteren wirken einige Medikamente unterschiedlich. RDS-O-Patient:innen profitieren von einer Therapie mit schmerzlindernder Wirkung von Spasmolytika und Antidepressiva, hingegen verschlechtern sie die Obstipation bei FO-Patient:innen. Medikamente mit Wirkung auf eine Verbesserung der Darmtransitzeit und Darmmotilität (z. B. ballaststoffreiche Diät, Serotonin-Rezeptor-Agonisten, Biofeedbacktraining sind bei FO-Patient:innen besonders wirksam.